18. März – Tag der politischen Gefangenen

Redebeitrag vom 18. März 2021

Weltweit sehen wir Menschen und Bewegungen, die für Gerechtigkeit, eine bessere Welt, eine andere Gesellschaft kämpfen. Überall sehen wir Widerstand gegen die Auswirkungen des kapitalistischen, patriarchalen und imperialistischen Systems, welches uns und die Natur ausbeutet und unterdrückt. Überall sehen wir Menschen, die ein solches Leben nicht hinnehmen wollen. Menschen, die dem Wunsch nach Veränderung Ausdruck verleihen: nach Gerechtigkeit und Freiheit, nach Würde und Leben, nach einer Gesellschaft, die wir nach unseren Bedürfnissen gestalten und die im Einklang mit der Natur lebt. Überall sehen wir Menschen, die dafür aufstehen und kämpfen – gemeinsam, solidarisch und von unten. Wie die Zapatistas in Mexiko sagen: Ganz normale Leute, Rebellinnen und Rebellen.

Der Tag der politischen Gefangenen ist der Tag derjenigen, die für diesen Kampf für eine bessere Welt eingesperrt und kriminalisiert werden. 

Denn immer wieder ist es der Staat, der Kämpfe für ein besseres Leben und eine bessere Zukunft bekämpft. Der Staat versucht, jeden Gedanken an eine andere Welt, jeden Widerstand in der Geschichte auszulöschen. Das kapitalistische System, welches für so viel Elend und Zerstörung auf der ganzen Welt verantwortlich ist, wird mit verschiedenen Formen der Repression verteidigt: Dieses Feld reicht von der Integration von widerständigen Bewegungen durch Parlamentarismus oder Sozialpartnerschaft bis hin zu der Arbeit von Geheimdiensten oder der offenen Repressionsbehörden wie Polizei und Militär.

Die Notwendigkeit von Repression resultiert aus der Existenz des Staates selbst: Er macht uns zu einzelnen Individuen und will möglichst alle gesellschaftlichen & solidarischen Beziehungen zerstören. Zudem hält uns der Staat in einem Zustand der Trennung von den Mitteln für Produktion und Reproduktion und zwingt uns damit in die Klassengesellschaft.

Es ist daher eine Funktion des Staates, diejenigen besonders zu kriminalisieren, die bewusst für eine Vision einer gänzlich anderen Gesellschaft kämpfen. Aber schon vorher versucht der Staat mit seinen Institutionen zu verhindern, dass wir uns als Menschen begegnen können, solidarische Beziehungen entstehen und uns selbst als Gesellschaft von unten organisieren, um für unsere Interessen zu kämpfen. Der Staat richtet sich damit im Grunde gegen unsere Menschlichkeit und gegen das Leben selbst.

Wie der Frühling lässt sich Widerstand weder verbieten noch verhindern! Dass dieses Verlangen stärker ist als ihre Herrschaft, ihr Interesse alles und jeden zu unterwerfen, zeigt uns nicht zuletzt der Widerstand von politischen Gefangenen. Aktuell z.B. der Hungerstreik des griechischen Gefangenen Dimitris Koufontinas. Oft genug sind es diese Menschen, die betonen, dass der Kampf für die Freiheit der politischen Gefangenen nur der Kampf für eine andere Gesellschaft sein kann: Niemand ist frei, bis wir alle frei sind. 

Der 18. März ist nicht nur der Tag der politischen Gefangenen, es ist gleichzeitig der Tag der Pariser Kommune. Heute vor genau 150 Jahren errichteten die Kommunard*innen in Paris ein System, das in Form von Räten basisdemokratisch organisiert war. Strukturen, mit denen sich die Menschen, ihren Alltag – die Mittel für Produktion und Reproduktion – wieder aneignen und in den Dienst der Gesellschaft stellen konnten. Die Kommunard*innen zerschlugen den Staat und setzten an seiner Stelle die organisierte Gesellschaft. Ein System, welches auf Demokratisierung statt auf den Aufbau einer neuen Herrschaft setzt. Die Pariser Kommune ist ein Beispiel für die Machbarkeit des Anderen: für eine basisdemokratische und kollektiv organisierte Gesellschaft von unten. Die Pariser Kommune scheiterte nicht an sich selbst, vielmehr wurde die Freiheit durch den Französischen Staat im Blut der Kommunard*innen ertränkt. Und auch heute sind es die imperialistischen Staaten, die die Bestrebungen nach einem anderen Leben bekämpfen.

Aber auch heute, 150 Jahre später, sehen wir, dass Menschen nach solchen Formen des Zusammenlebens suchen: in Rojava, in Chiapas (Mexiko), aber eben auch in den vielen widerständigen Bewegungen, in denen Menschen in ihren Kämpfen zeigen, dass eine andere Welt möglich ist.

Eine solche andere Gesellschaft können wir nur als internationalistische Bewegung erreichen. Wir kämpfen in dem Bewusstsein, dass wir durch unsere Werte und Ziele mit Menschen auf der ganzen Welt verbunden sind. Für uns hier in der BRD bedeutet das auch, zu verstehen, dass die Unterdrückung von emanzipatorischen Bewegungen und Massenprotesten nicht getrennt von der Politik der kapitalistischen Zentren und ihrer Interessen betrachtet werden kann. Ein aktiver internationalistischer Kampf muss bedeuten, dass wir auch oder vor allem hier in der BRD kollektive, kämpferische und antikapitalistische Strukturen von unten aufbauen müssen. Strukturen, die in der Gesellschaft verankert sind und auf solidarischen Beziehungen zwischen den Menschen basieren. Um das Bestehende umzustürzen, reicht es nicht, sich in einer linken Szene aufzuhalten – Wenn wir die Befreiung aller Menschen und eine Welt ohne Staat und Kapital wollen, müssen wir unsere Szene verlassen und gemeinsam mit Arbeiter*innen und Nachbar*innen kämpfen. Lasst uns gemeinsam und international eine Macht von unten aufbauen.

Alle Macht den Räten!

All power to the people!